Frankfurt und das ungeliebte Kind: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 9. Juli 2010, 09:06 Uhr
Frankfurt und das ungeliebte Kind.
In den letzten Tagen werden die Beschwerden der FSV Anhänger wieder lauter. Sätze wie: „Schon wieder eine komplett neue Mannschaft“ oder „Das kann doch nicht schon wieder gut gehen“ hört man aus allen Richtungen. Zugegeben, auch ich hätte gerne gesehen, dass ein Markus Husterer und ein Alex Klitzpera in der kommenden Saison die Innenverteidigung gebildet hätten. Alex geht, weil er keine Perspektive sieht, zu viele neue Spieler geholt werden. Warum? Der eine will mehr Geld, der Nächste einen langen Vertrag und der Dritte eine Stammplatzgarantie. Das Fußballgeschäft ist allerdings zu hart für solche Spielchen. Der FSV hat seit vielen Jahren einen sehr geringen Etat. Trotz allem hat man es in den letzten 10 Jahren geschafft, von 7 Jahren in der Hessenliga 1x Dritter, 3x Zweiter und ein Mal Meister zu werden. Zu dieser Erfolgsserie kommen die direkt folgende Meisterschaft der Regionalliga und zwei Klassenerhalte der 2. Fußballbundesliga. RESPEKT! Und all das hat den Verein nicht in den finanziellen Ruin geführt. Im Gegenteil, Altlasten wurden abgebaut und der Verein ist nach wie vor wirtschaftlich gesund. Wenn also die Vereinführung einen Sparkurs aufruft, so hat dies seinen Grund. Schenken wir den Verantwortlichen unser vollstes Vertrauen. Es hat die letzten Jahre doch auch alles prima geklappt. Und wenn wirklich alles schief geht, muss man eben absteigen. Traurig, jedoch kein Weltuntergang, denn: Wenigstens finanziell gesund.
Abschreckende Beispiele für Pleiten haben wir doch derzeit genug. Duisburg muss seinen Etat drastisch nach unten fahren, Aachen bettelt bei der Stadt um Kredite, Rostock hat fast so viele Schulden wie Zuschauer und Bielefeld kämpft verzweifelt gegen einen Zwangsabstieg und braucht nur 10 Millionen bis kommenden Mittwoch. Man hatte sich auf die Stadt verlassen, Bielefeld gibt jedoch kein Geld.
Und ähnlich wäre dies auch bei uns. Welcher Frankfurter Politiker braucht schon den FSV? Das Aushängeschild der Stadt Frankfurt im Fußball ist die große Eintracht. Da hat man seine V.I.P. Logen und wird während des Spiels mit allerlei Leckereien und Champus versorgt. Nie hätte einer von den Herren geglaubt, dass der FSV mal in die 2. Liga aufsteigt. Und wenn, dann steigt er halt direkt wieder ab und alles regelt sich von selbst, hoffte man. Nur der Sch…verein tut den Stadtvätern den Gefallen nicht, hält jedes Jahr überraschend doch die Klasse und besteht immer noch auf Einhaltung der Zusage, die Haupttribüne auszubauen. Dazu kommt, dass die U23 mittlerweile aufgestiegen ist und die kleinen Adler aus „ihrem“ Stadion vertreiben will. Obwohl der FSV nicht einmal bei der Stadt angefragt hatte, ob die eigene U23 aufsteigen darf. (Randbemerkung: Dieses Thema existiert überhaupt nur deshalb, weil die großen Nachbarn vom Riederwald seit vielen Jahren versäumen, an eine Spielstätte für ihre 2. Mannschaft zu denken. Stattdessen ziehen sie wie Zigeuner durch fremde Stadien.) Hätte B. Reisig bei G. Trinklein nachgefragt, wäre ich gerne als Mäuschen dabei gewesen. Spaß beiseite. Vor vielen Jahren war man im Stadtparlament überglücklich, den Kostenblock „Bornheimer Hang“ an den FSV abgeben zu können. Man machte einen langfristigen Vertrag und seitdem verwalteten die Bornheimer das Gelände selbst. Die Stadt zahlt ein paar Euro zur Grundstückspflege, allen anderen Kleinkram, wie den Ausbau der Kabinen, der FSV. Jetzt, da man Erfolg hat, soll der Vertrag so schnell wie möglich gekündigt werden, damit man an den Fernsehgeldern partizipieren kann. (Woran das wohl liegt, dass man daran erst im 3. Zweitligajahr denkt)
Die Stadt braucht und will den FSV nicht in der 2. Liga. Eben ein ungeliebtes Kind. Und er ist sehr gut beraten, wirtschaftlich gesund zu bleiben. Von diesem Stadtparlament gäbe es Häme, Spott und Applaus bei einer wirtschaftlichen Schieflage, aber kein Geld. Also Vertrauen wir weiter auf unsere Verantwortlichen. Hoffen wir weiter, dass sie genauso viel Können und Glück an den Tag legen, wie in den letzten Jahren. Und wenn ein guter Spieler oder ein Publikumsliebling für dieses große Ziel auf der Strecke bleiben muss, werden wir es hoffentlich schweren Herzens alle verschmerzen.
10.06.2010: Nachtrag Wie wichtig es in der heutigen Zeit ist, vernünftig zu wirtschaften und nicht jeder Forderung der Spielervermittler nachzugeben, zeigen die jüngsten Entwicklungen der Regionalligen. Rot Weiß Essen (deutscher Meister 1955/7 BL-Jahre), Waldhof Mannheim (7 BL-Jahre), Tennis Borussia Berlin (2 BL-Jahre), Bonner SC, Eintracht Bamberg, Hansa Rostock II und der SSV Reutlingen müssen aus finanziellen Gründen aus ihren Regionalligen absteigen und in der kommenden Saison in den jeweiligen Oberligen antreten. Sieben teilweise renommierte Vereine des deutschen Fußballs können die Kosten der 4. Liga nicht bewältigen. Von 54 Regionalligisten abzüglich der 22 2.Mannschaften bleiben 32 erste Teams eines Vereins. Sieben von 32 Vereine zahlungsunfähig, dass sind 22%. Eine verdammt hohe Zahl, wie ich finde.